Feldpostbrief, 6. November 1917
Westkappelle, den 6. November 1917,
Dienstagmorgen um 1/2 10 Uhr.
Mein Lieb!
Herzlichsten Dank für Deine beiden lieben Briefe vom 30. /10. u. 1./11., die gestern Abend noch kamen! Auch meine Briefe scheinen ja nun so langsam zu landen. Eigentlich muß ja auch so ziemlich von jedem Tage etwas da sein. Auch vom 20.10. Gerade am 20. hatte ich so ausführlich geschrieben. Manches wird verloren gegangen sein. Schreib bitte mal davon! - Und dann hab ich in den langen Stunden auf dem Krankenbett an allerhand denken müssen, was ich sonst längst vergessen. Antworte auch darauf recht bald mal! 1.) Hast Du mal wieder die Anzüge pp. im Kleiderschranke auf Motten nachgesehen? Versieh Dich doch nötigenfalls reichlich mit Mottenpulver oder gebrauch auch Tabak u. Zigarren! Im Kleiderschranke hängen doch heutzutage Werte von Tausenden! Aber mein Liesi hat ja auch gewiß trotz all der Arbeit daran gedacht. Nimm mir die Frage nicht übel! 2.) Wieviel Paar von meinen Socken, die ich im Juli gekauft, habe ich damals in Nienhagen gelassen? Ich hatte 6 Paar. 1 Paar hat Rudolf bekommen. Und hier haben wir nur eins. Troester glaubt, daß ihm verschiedene Wäsche fehlt. Erklärlich ist das ja bei dem ewigen Hin- und Her. Oft muß die Wäsche naß mitgenommen werden, oft bleibt sie zurück.
Mein Befinden hat sich gottlob weiter gebessert. Ich kann mich wahrscheinlich heute schon wieder gesund melden. Vom Außendienst kann ich mich ja vorerst noch befreien lassen. Aber man möchte doch gern mal wieder hinaus in die freie Gottesluft. Da erst werden auch die letzten Kopfschmerzen schwinden. Hier im Zimmer liest u. schreibt u. arbeitet man ja doch nur. Müßigsitzen kann ja Dein Paul immer noch nicht. Und wenn der Körper keine Anstrengungen hat, ist auch der Schlaf nicht fest u. gut.
Gott befohlen u. herzlichste Grüße u. Küsse!
Euer treuer Vater.