Feldpostbrief, 11. Juli 1917
Siegfriedstellung zwischen Fontaine-Bullecourt,
Kampfgraben 0 3, Mittwoch, 11. Juli 1917, abends 1/2 10 Uhr.
Mein liebes, gutes Lieschen!
Wahrscheinlich schläfst Du heute abend schon in Lippspringe. Ich bekam gestern nämlich schon Deine I. Zeilen vom Sonntagmorgen. Gut, daß Du Dich so schnell entschlossen hast. Am 15 oder 16 soll auch unsere Division hier abgelöst werden u. in Ruhe kommen. Vielleicht kommen dann endlich mal bessere Zeiten für uns. Und vielleicht gibt's dann auch mehr Urlaub. Da muß ich dann aber doch mein Lieschen wieder daheim haben. Erhol Dich also recht schnell, mach Dir keine Sorgen, u. bring mir rote Backen u. einige 30 Pfund Gewicht mit aus Lippspringe! Dann habe ich Dich mal so lieb noch! Geh fleißig spazieren, sei viel im Walde, lies gute Bücher, lausche der Musik und schreib mitunter auch mal!
Mir fliegen jetzt wieder die Tage. Draußen lacht die Sonne. Da ist man gern oben im Graben. Geschossen wird nicht allzuviel. Da besucht man auch mal die Nachbarn. Gestern war ich bei Bockermann links, heute bei Hollmann rechts. Da fand sich auch der Doktor ein, u. wir haben uns unsere Sorgen mitgeteilt über Deutschlands dunkle Zukunft. Was hat der Reichstag vor? Man ist gespannt. Soll England doch noch triumphieren? Hat Rußland noch Erfolge? Dann wehe uns! Und unsere traurige Ernte? Alle Urlauber erzählen mir dasselbe: Dürre, kein Futter für's Vieh, kein Korn für's Brot. Was soll da werden? Unsere U-Boote sollen's nun auch nicht mehr schaffen können? Gott stehe uns bei!
Mir gehts gottlob gut. Wer sorgt nun für unsere Jungen? Ob heute nähere Nachricht kommt? Herzlichste Grüße u. Küsse u. in treuester Liebe!
Dein dankbarer Paul.