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Feldpostbriefe unseres Großvaters, 1917, 1.3

25.02.1917
Sandkuhle, Frankreich, Frankreich
Paul Diekmann (hinten links) in der

Feldpostbrief, 25. Februar 1917


Im Schützengraben vor Blairville, Sandkuhle, 25.2.17, 

A 3, am Sonntagabend um 6 Uhr.

Mein liebes, gutes Lieschen!

Das war ein Sonnen-Sonntag! Und ich habe geglaubt, der Frühling wäre nun auf bestem Wege. Unsere Sandgrube glänzte festtäglich im hellen Sonnenschein. Die Erde dampfte Lebensodem. Aber schnell ist's wieder kalt geworden u. rauh. Die Sonne scheint nicht mehr. Der Himmel ist bewölkt. Da merkt man erst, wie sehr man sich nach Licht und Sonne sehnt. Wir haben in Deutschland aber auch nur im November mal solche Nebel. Und dann für wenige Tage. Hier ist nun seit 10 Tagen ein Tag wie der andere. Voll von dichtem Nebel. Da konntest Du oft kaum auf 50 m sehen, und wir sind oft mitten am Tage dicht vor dem englischen Graben gewesen. Auch heute morgen prüfte ich mal unser Drahtverhau. Da hörte ich Musik und glaubte, daß sie von England komme. Aber sie klang zu viel nach deutschem Militär. Zuerst glaubte ich an Beerdigungen. Bald aber hörte ich lustige Weisen: Walzer u. Märsche. Von Boiry kam's. Da mußte also was los sein! Richtig: Sonntag! Natürlich: Gestern war ja auch Sonnabend! Das war mir voll zum Bewußtsein gekommen. An den lieben Sonntag hatte ich noch nicht gedacht. Seit wir nach dem 1. Juli immer so lange in Stellung liegen, kennt man im Graben nicht Sonntag mehr u. nicht mehr Alltag. Ich habe doch nun schon gar oft wieder an unsern Pastor Romberg gedacht. Er ist nicht gleich am 13. November gefallen, sondern erst gestorben, nachdem man ihm in einem englischen Feldlazarett beide Beine amputiert hatte. Seine Frau u. ein Kriegsjunge weinen daheim um ihn. Wenn irgend, muß bei ihm ein Gott der Gnade sprechen: "Ei, du frommer u. getreuer Knecht!" Treu war er, seinem Gott u. seinem Kaiser, für den er gern geblutet hat. Wohl selten hat sich so jemand über seine beiden Eisernen Kreuze gefreut als er, selten hat sie aber auch einer ehrlicher verdient.


Ich habe in meinem Kompagnieabschnitt in einer kleineren Sandgrube 2 schwere Minenwerfer stehen, die unter dem kleinen Leutnant Schmidt, der übrigens auch Kollege ist, nun öfters schießen. Das läßt sich Tommy natürlich nicht bieten. Und seit der Zeit haben wir hier oft dicke Luft. Meine Gräben sind stellenweise übel zerschossen. Verluste hat's gottlob nicht dabei gegeben.

Aber heute morgen wieder durch eine dumme Spielerei. Im Nachbarunterstande liegt die Bedienung eines Maschinengewehrs. Die Leute haben mehr freie Zeit als so ein armer Infantrist. Einer von ihnen nimmt sich eine Sprengkapsel von einer Handgranate, die so hübsch als Spitzen für dünne Bleistifte sind. Sie enthalten nur einige Gramm eines Sprengstoffs. Aber die haben dem Mann 2 Finger weggerissen und einem Kameraden Hände u. Gesicht zerfetzt. Der hat dabei gesessen und beim Schlafen am Tische die Hände vor's Gesicht gehalten. Sonst wär's ums Augenlicht geschehen gewesen. Dabei wird gerade diese Sache den Leuten tausendmal gepredigt.

Mir geht's heute nicht so gut. Ich habe Kopfschmerzen und kalte Füße. Auch wohl solch eine Art Influenza. Die tritt jetzt häufig auf. Hoffentlich verschwindet sie schnell wieder!

Von Dir kam gestern abend nichts, Liesi! Ich hatte ja aber auch vorgestern schon 2 Briefe vom Montag u. Dienstag. An Augustens Geburtstag habe ich erst heute gedacht. Da kommt mein Glückwunsch gewiß zu spät. - Gott befohlen u. Gruß u. Kuß für Dich u. Bub u. Helmut!

Dein Dich treu liebender Paul.

Wie geht es Dir, Liesi?

19.03.2013 в 02:12


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