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Feldpostbriefe unseres Großvaters, 1916, 2.5

25.03.1916
La Bassée, Frankreich, Frankreich

Feldpostbrief, 25. März 1916

In Reservestellung "Stützpunkt" am Kanal, Sonnabend, d. 25.3.16, morgens 1/2 11 Uhr.

Mein liebes, gutes Lieschen!

Da liegen wir nun glücklich wieder drin im Graben. Vorläufig noch in der Reservestellung. Da gewöhnen wir uns so langsam wieder an den Betrieb. In 4 Tagen geht's dann nach vorn.

Ein tolleres Schneetreiben habe ich im Kriege noch nicht mitgemacht als gestern abend auf dem Marsche hierher. Wir wurden in Fretin noch mit Musik zum Bahnhofe gebracht, und eigenartige Gefühle löst es dann jedesmal aus, wenn dort zum Abschiede das Regimentslied "Die Nummer 55 trägt unser Regiment" und das alte schöne "Muß i denn, muß i denn zum Städelein hinaus" gespielt wird. Fast glaubte ich auch schon an besseres Wetter. Es war so hell und klar, als wir aus Huvet abrückten. Aber schon während der Bahnfahrt gab's wieder Schnee, und als wir gegen 9 Uhr vom Bahnhof Salomé abrückten, konnte man kaum die Hand vor Augen sehen, so dicht fielen die Flocken. Der nasse Schnee blieb auf Helm und Mantel und Tornister liegen, und dabei watete man tief in Schlamm und Wasser. Geschmolzener Schnee macht doch am raschesten die Wege grundlos. Glücklicherweise war's während des ganzen Weges vollkommen ruhig. Es fiel kein Artillerieschuß. Und weil wir die Stellung kannten, fand sich trotz der Dunkelheit alles schnell zurecht.

Ich löste Niedieck ab, der die 10. Kompagnie führt. Unser Hauptmann löst nämlich den Major ab und führt im Graben die Kompagnie nicht. Niedieck, meinen alten lieben ersten Kompagnieführer, hatte ich lange nicht gesehen. Mir schien's, als ob er etwas von seinem schlagfertigen goldenen Humor eingebüßt hätte. Der Krieg dauert aber ja auch zulange! Eigentümlich ist mir nur, daß gerade einige ältere Herren treu und wacker aushalten - außer Niedieck haben wir z.B. noch einige alte Hauptleute - während wer weiß wie viele jüngere Offiziere gekommen und gegangen sind. Beinah ist's, als ob wir Älteren auch die Widerstandsfähigeren sind. [...]

Heute ist's nun wieder sonnenhell und klar. Die letzten Reste des tiefen Schnees werden bald geschwunden sein, und die trockenen Märzwinde werden schnell die Gräben wieder einigermaßen wohnlich und die Wege gangbar machen. Des Jahres schlimmste Zeit ist ja gerade für unsere Gegend ohne Frage vorbei. Aber wenn das Wasser nicht mehr droht, dann drohen wie Gespenster die Offensiven. Es wäre ja kaum faßbar, wenn die Engländer nichts machen wollten. Günstig für größere Unternehmungen wird allerdings das Gelände erst im Mai. Und vorher werden auch unsere Gegner ihre durch Verdun völlig über den Haufen geworfenen Pläne kaum neu aufstellen können. Wir müssen eben mit Ruhe die Zukunft erwarten. Gott schütze uns! - Ich bin mit herzl. Gruß an alle und mit heißen Küssen für Euch drei stets und ganz

Dein treuer Paul.

12.03.2013 в 22:36


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