Feldpostbrief, 30. Juni 1916
Schützengraben in Gommécourt
Freitag, d. 30. Juni 1916, abds. 1/2 9°
Mein heißgeliebtes Lieschen!
Heute vor 8 Tagen war ich um diese Stunde in Lage. Freude u. Erwartung waren aufs Höchste gestiegen. Eine Stunde späte hatte ich schon mein Lieschen und meinen Ältesten. Seligstes Glück! Gut nur, daß man nicht in die Zukunft schaut! So gab's doch 1 1/2 wirklich ungetrübte Tage. Und ich freue mich, daß ich sie habe verleben dürfen. Ich habe viel von Glück u. Sonne mitnehmen dürfen in das Dunkel der gräßlichen Gegenwart. Heute war's wieder ärger als gestern u. vorgestern. Und noch immer erkennt man nicht, was der Engländer eigentlich will. Jedenfalls sollen wir völlig mürbe u. seelisch gebrochen gemacht werden. Acht Tage währt nun morgen früh das Trommelfeuer. Vorige Nacht ist's nur unsern braven Patrouillen zu verdanken gewesen, daß die Engländer unsere Kompagnie nicht überrascht u. aufgerieben haben. Leider ist wieder der beste u. unerschrockenste unserer Leute dabei gefallen; 5 andere sind verwundet worden. Aber die Wackern haben gesiegt. Gott wird weiter helfen. Zu ihm wollen wir immerdar rufen! Er schütze uns alle! Ich küsse Dich u. die heißgeliebten Kinder!
Mit herzl. Gruß an alle bin und bleibe ich Dein Dich innig liebender, getreuer und dankbarer Paul.