05.03.1953 Jena, Deutschland, Deutschland
Dies war auch die Zeit der beginnenden Sozialisierung. Die Bauern wurden enteignet, mussten sich in Kolchosen zusammenschließen. Die Handwerker kamen auch unter diesen Druck, wer sich weigerte, bekam keine Aufträge. In den Betrieben gab es laufend „Normerhöhungen“, die Arbeiter fingen an zu murren. Man hörte ständig von Flüchtlingen, die sich heimlich in den Westen abgesetzt hatten. Einige waren geschnappt und wegen „verbrecherischer Republikflucht“ zu Zuchthaus verurteilt worden. Immer mehr Bekannte waren geflohen, schließlich auch unsere Mieter-Familie. [Meine Ehefrau] Evchen fragte mich um Rat, wie wir uns verhalten sollten. Ich dachte an das herrliche Haus, das Grundstück, Evchens und meinen Beruf, Natchens Schule, alles wichtige Gründe, nicht einfach ins Blaue hinein alles liegen zu lassen. Ich sagte, dass ich in der Gefangenschaft die ganzen Phrasen gelernt hätte, die man braucht, um in dieser Diktatur zu leben. Also machen wir hier weiter.
Am 5. März 1953 starb Stalin. Das wurde aber nicht gleich überall bekannt. In den „Volkseigenen Betrieben“ kam die Todesnachricht zuerst unter das Volk. Nach Dienst ging ich zunächst in die HO, den sozialistischen Laden, um zu sehen, was es eventuell Gutes gab. Es gab Bratwürste, ich kaufte drei. Zu Hause verkündete ich Evchen und Natchen: „Heute gibt es Bratwürste!“ Natchen war erstaunt und meinte, heute sei doch erst Donnerstag, so etwas gibt es doch nur am Sonntag. Ich, im Flüsterton: „Stalin ist gestorben!“ Großer Jubel der ganzen Familie. Das hat uns geschmeckt!
03.03.2013 в 06:39
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