11.06.1958 Berlin, Deutschland, Deutschland
Das erste elektronische Massenmedium, das Informationen und Unterhaltung jeglicher Art bot, war zu damaliger Zeit der Rundfunk (Hörfunk), was dem Radiogerät einen ganz besonderen Platz in unserem Alltag zuwies. Am auffälligsten an dem Gerät war sein zu der Zeit obligatorisches „magisches Auge“, das die Stärke des empfangenen Sendesignals anzeigte. Meine Mutter, die sich, solange ich klein war, als Näherin mit Heimarbeit über Wasser hielt, war eine Musikenthusiastin und ließ den Kasten den ganzen Tag dudeln. Zu den bevorzugten Sendern gehörte der RIAS [Rundfunk im Amerikanischen Sektor], der amerikanischen Soldatensender AFN [American Forces Network] und später noch der SFB [Sender Freies Berlin]. Meine Lieblingssendung war „Onkel Tobias vom RIAS“, eine von Fritz Genschow zusammen mit den „RIAS-Kindern“ gestaltete Kindersendung, die jeden Sonntag um 10 Uhr zu hören war. Einer der Höhepunkte war das Kasperletheater, das in Abständen gespielt wurde, meist wenn Tante Erika zu Besuch kam. Das Erkennungslied der Sendung ist mir bis heute nicht aus dem Sinn gegangen: Der Onkel Tobias vom RIAS ist da, was wird er wohl heute uns bringen? Er bringt uns zum Lachen, will Freude uns machen, erzählen und spielen und singen. Die RIAS-Kinder bei Onkel Tobias. Zu den populären Unterhaltungsprogrammen gehörte auch „Wer fragt, gewinnt“. Moderator dieses Pfadfinderspiels um Worte und Begriffe war Hans Rosenthal, der vom „Zwerg Allwissend“ unterstützt wurde. Ganz berlinisch ging es in der Kabarettsendung „Die Insulaner“ von Günter Neumann zu, wenn sich die „Klatschtanten“ Agnes Windeck und Tatjana Sais „mitten auf dem Kurfürstendamm“ trafen. Die Erkennungsmelodie war das Insulanerlied mit seinem Refrain „Der Insulaner verliert die Ruhe nich, der Insulaner liebt keen Jetue nich,...“. Ansonsten telefonierte „Herr Kummer“ (Bruno Fritz) immer mit seinem imaginären Freund „Pollowetzer“, und schließlich begann der trottelige, phrasendreschende Ost-„Funzionär“ (Walter Gross) seinen Schulungsabend mit dem stereotypen: „Und damit, liebe Jenossen und Jenossinnen, kommen wir zu unsa heutijet Themata!“. Als triumphierendes Finale sang die Truppe: „Sehn Se, das ist Berlin, sehn Se das ist Berlin, eine Stadt, die sich gewaschen hat ...“. Abenteuer und Spannung boten die Karl-May-Hörspiele und die Paul-Temple-Kriminalhörspiele mit den unverwechselbaren Sprechern Pelz von Felinau und René Deltgen. Aus dem großen musikalischen Angebot der Sender ragten vor allem die „Schlager der Woche“ im RIAS heraus. Eine andere beliebte Musiksendung nannte sich „Music in the Air“ und wurde vom AFN produziert. Jeden Abend um 19 Uhr eröffnete der Gastgeber John Vrotsos vom AFN-Frankfurt, der eine besonders warme Bariton-Stimme hatte, das Programm nach einer einleitenden Klavier-Phrase der Erkennungsmelodie mit den Worten „Listen... [Pause für mehr Klavier] ...there’s music in the air“.
27.02.2013 в 18:19
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